Segelfliegen auf dem Flughafen Köln-Bonn

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swisseagle
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Segelfliegen auf dem Flughafen Köln-Bonn

Beitrag von swisseagle »

August 1967: Damals flog unsere Segelfluggruppe - heute wohl nicht mehr denkbar - auf dem Flughafen Köln-Bonn, integriert in den Flugbetrieb der Airliner, den militärischen Flugbetrieb der Flugbereitschaft der Bundesregierung (Bundeshauptstadt war damals Bonn) und den übrigen Geschäfts- und Privatflugverkehr.
Auf dem Rasen-Sicherheitsstreifen neben der rund vier Kilometer langen Hauptstartbahn östlich des Flughafengeländes nutzten wir eine rund 1000 m lange Winden-Schleppstrecke, unmittelbar an die Betonpiste grenzend.
Jeder aktive Segelflieger unserer Gruppe musste bei der Flugsicherung Köln-Bonn das Funksprechzeugnis erwerben, bevor er zum Fliegen auf dem Platz zugelassen wurde.
Die Starts erfolgten jeweils mit einer Freigabe durch die Fluglotsen, mit denen wir in ständiger Sprechfunkverbindung standen. Da es seinerzeit noch keine Transponder gab - eine Sekundärradarerfassung also nicht möglich war - mussten wir während unserer Thermikflüge immer wieder Position, Höhe und Kurs an die Flugsicherung übermitteln. Während rund zehn Jahren funktionierte diese anspruchvolle Fliegerei einwandfrei und ohne Zwischenfälle. Das fast topfebene Gebiet rund um den Flughafen machte die Navigation nicht immer einfach. Entfernte man sich, ständig in der Thermik kreisend, etwas weiter vom Platz, wurde der Rückflug manchmal problematisch. In diesen Fällen gab es ein ganz einfaches Verfahren - die Funkpeilung. Wir riefen über Funk den Köln-Bonner Tower und liessen uns peilen. Zur übermittelten Peilung addierten wir 180 Grad und flogen dann den so errechneten Kurs. Gab es Kursabweichungen, z.B. durch Windeinflüsse, wiederholte man diese Peilungen.

Dieser nicht ganz übliche Segelflugbetrieb funktionierte rund zehn Jahre problemlos und ohne besondere Vorkommnisse, bis wir wegen der immer gefährlicheren Randwirbel von Grossflugzeugen (z.B. Boeing 747) auf einen Segelflugplatz weichen mussten. Absolute Disziplin stand während dieser Jahre immer an oberster Stelle, denn jede Nachlässigkeit oder Regelverstösse konnten zur Katastrophe führen. So ahndete unser Fluglehrer und Vereinsvorstand jede Abweichung von den strengen Vorgaben mit kürzeren oder längeren Startverboten, was richtig und korrekt war. Auch die Landeanflüge parallel zu den Verkehrsflugzeugen waren ungewöhnlich. So kam es oft vor, dass man von einer Boeing 727, einer Caravelle oder einem anderen Jet Seite an Seite überholt wurde und die Passagiere an den Fenstern klebten, um über das für sie abstrakte Vorkommnis zu staunen.
Auf der anderen Seite gab es damals auf dem Flughafen Köln-Bonn grosse Freiheiten, die heute undenkbar wären.
Wir Segelflieger konnten das Flughafengelände, das nur durch einen älteren Pförtner in seinem Häuschen besetzt war, ohne jegliche Kontrolle betreten. Das Wort "Segelflieger" genügte. Wenn wir bei regnerischem Wetter Langeweile verspürten, begaben wir uns hin und wieder - ebenfalls unkontrolliert - auf den Kontrolltum, liessen uns am Automaten einen Kaffee heraus und beobachteten von dort oben den Flugbetrieb. Auch der Radarraum war für uns frei zugänglich, um die An- und Abflüge zu verfolgen.
Einen guten Kontakt hatten wir auch zu verschiedenen Flugbegleiterinnen, die sich vor ihren auf dem Vorfeld zwischen Hin- und Rückflug geparkten Maschinen die Füsse vertraten und unserer schnittigen Segler bewunderten. Da oft Bordverpflegung übrig war, die nicht durch den Zoll durfte und vernichtet worden wäre, baten sie uns nach der Reinigung der Flugzeuge und vor dem Eintreffen der neuen Passagiere an Bord und tischten die restlichen Speisen für uns auf. Beim Inspizieren unserer Segler schauderte so manche dieser "luftigen" Damen und bemerkte, dass sie sich nie und nimmer in einen solchen Flieger setzen würde. :o

Ja, das waren noch Zeiten. Wenn ich heutzutage als Fluggast vor dem Betreten eines Fliegers kritisch beäugt, elektronisch zusammen mit meinen Gepäck penibel gefilzt werde und das Hundertste und Tausendste nicht mit an Bord nehmen darf, dann habe ich schon manchmal das Gefühl, im falschen Film zu sein.
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