Faszination Segelfliegen

Hier geht es um das Thema Segelflugzeuge alle Typen und Muster

Moderator: aerotimmi

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swisseagle
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Faszination Segelfliegen

Beitrag von swisseagle »

Wenn ich mich an die vielen Jahrzehnte meiner sportfliegerischen Betätigung zurück erinnere, müsste meiner späteren Flugbegeisterung eigentlich bereits im frühen Kindesalter ein jähes Ende bereitet worden sein. Es waren die alliierten Bomberströme gegen Ende des zweiten Weltkrieges, die mit dröhnendem Motorenlärm unsere Kleinstadt westlich von München überflogen, um ihre Bomben auf die bayerische Metropole abzuwerfen. Viele Nächte heulten die Sirenen des Luftalarmes, die uns aus dem Schlaf rissen und in die Gruft einer nahen historischen Kirche flüchten liessen. Der Feuerschein der Flächenbrände über der bayerischen Hauptstadt war gespenstisch rund sechzig Kilometer weit zu sehen.
Auch tagsüber konnte man sich nicht sicher fühlen. US-Jagdbomber schossen in der Endphase des Krieges oft auf alles, was sich bewegte und auch auf das, was sich nicht bewegte. An einem Morgen machte sich meine Mutter daran, uns Kinder anzukleiden, als Luftalarm ertönte. Sie riss uns aus dem Bett und flüchtete mit uns durch die Tür zum Flur. Kaum hatte sie diese geschlossen, knallte es furchtbar. Die Tür flog nach einer Explosion wieder auf und ein ganzer Schwall von Bettfedern füllte wie ein Schneesturm den ganzen Raum. Die Granate der Bordkanone eines Tieffliegers war durch das Fenster in das Schlafzimmer gedrungen, hatte die hölzerne Stirnseite des Bettes durchschlagen und explodierte auf der Bettdecke. Hätten wir nur einige Sekunden länger im Schlafzimmer verweilt, würde ich diesen Beitrag heute nicht schreiben.
Nach dem Ende des Krieges erzählte mir mein Grossvater und auch mein Vater nach seiner Rückkehr aus amerikanischer
Kriegsgefangenschaft des Oefteren von den grossen Zeiten des Segelfluges in den dreissiger Jahren, was mich ungeheuer faszinierte. Motorlose Flieger aus mit Leinwand bespannten Holzkonstruktionen, die sich stundenlang im Hangaufwind in der Luft hielten, in thermischen Aufwinden grosse Höhen erreichten oder vor Gewittern schon damals enorme Streckenflüge bewältigten. Diese Berichte entwickelten sich zu einem Flugvirus, der mich schon damals unheilbar infizierte. Ich las später von Günther Groenhoff, einem grossen Segelflugpionier oder von Hanna Reitsch, Rekord-Segelfliegerin, der ich in den Sechzigerjahren durch einen Zufall sogar persönlich begegnete.
Auf einer Gewerbeausstellung unserer Stadt konnte ich Anfang der Fünfzigerjahre dann zum erstem Mal ein Segelflugzeug aus der Nähe betrachten und sogar im Cockpit Platz nehmen. Es war eine Olympia-Meise, vor dem Zweiten Weltkrieg erstmals als Wettbewerbs-Segler für die geplanten olympischen Spiele vorgesehen, die dann aufgrund der Kriegsereignisse allerdings nicht mehr stattfanden. Dieses elegante Segelflugzeug, das der viel später von mir viel geflogenen Ka 8b glich, löste eine grosse Begeisterung aus und liess den Wunsch, selbst einmal das motorlose Fliegen zu lernen, definitiv reifen. Nach einigen Jahren Modellflug konnte ich mir meinen sehnlichsten Wunsch, trotz damals recht knapper finanzieller Mittel, als Mitglied einer Segelfluggruppe auf dem Militärflugplatz Landsberg-Penzing, endlich erfüllen. Meine Flugbegeisterung hat über Jahrzehnte, trotz der bösen Erlebnisse aus Kriegszeiten, bis heute unverändert angehalten.


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