Vereisung - die unterschätzte Gefahr

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swisseagle
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Vereisung - die unterschätzte Gefahr

Beitrag von swisseagle »

Es ist einfach nicht zu fassen: Immer wieder ereignen sich schwere Flugunfälle, weil der Gefahr von Eisbildung an Luftfahrzeugen entweder zu wenig Beachtung geschenkt, oder diese völlig ignoriert wird. Dabei sind oft nicht die Piloten der allgemeinen Luftfahrt mit ihren ein- und zweimotorigen Maschinen betroffen, sondern gut ausgebildete Verkehrspiloten, die es eigentlich wissen müssten.
Es gehört zum Einmaleins der Aerodynamik, das bereits jeder fliegerische Anfänger aus dem FF beherrschen muss, dass nur ein ungestörter Luftstrom an den Tragflächen sowie den Leitwerksflächen jene Kräfte erzeugt, die einem Flugzeug ermöglichen, vom Boden abzuheben und sich anschliessend in der Luft zu halten. Während des Fluges gibt es wirksame technische Möglichkeiten, eine Vereisung der Tragflächen- und Leitwerksvorderkanten, der Propeller, Cockpitscheiben oder der Triebwerkseinläufe zu verhindern: Elektrische oder Heissluftenteisung, Absprengen durch aufblasbare Gummiwülste, Versprühen von Enteisungsflüssigkeiten aus mitgeführten Vorratstanks.
Problematisch wird die Vereisung von Tragflächen und Leitwerken am Boden während der Standzeiten von Luftfahrzeugen bei kritischen Witterungsbedingungen. Schneeablagerungen, Raureif, Klareisbildung durch Regen auf unterkühlten Flügeln und Leitwerksflächen. Dagegen hilft nur eine sorgfältige Enteisung durch die entsprechenden technischen Dienste der Flughäfen und Flugplätze. Geschieht das nicht, wird die auftriebserzeugende Strömung beim Start dermassen gestört, dass diese teilweise oder völlig zusammenbricht und ein Crash unvermeidlich wird. Es ist unbegreiflich, dass diesem lebenswichtigen Faktor von gut ausgebildeten Besatzungen nicht die erforderliche Beachtung zuteil wird. Die Gründe lassen sich nur erahnen: Zeitdruck, Kostenvermeidung oder aber schlicht und einfach Ignoranz und Nachlässigkeit.
Ich musste während der vielen Jahrzehnte meiner sportfliegerischen Betätigung noch nie ein Flugzeug enteisen, obwohl ich auch im Winter hin- und wieder mit einem Touren-Motorsegler in der Luft bin. Ganz einfach deshalb nicht, weil ich bei kritischen Wetterverhältnissen risikolos am Boden bleibe.
Einmal allerdings, vor vielen Jahren, hätte es mich beinahe erwischt. Während eines Gebirgsfluges bei herrlichem Wetter vereiste der Fahrtmesser bzw. die Luftzuleitung zu diesem auf 3'500 m MSL. Ich bemerkte das fast zu spät, als ich die sich reduzierende Fahrtmesseranzeige falsch interpretierte und im steilen Bahnneigungsflug Fahrt aufzuholen versuchte. Die auf- und abschwingenden Tragflächenenden zeigten mir schliesslich, dass ich nicht zu langsam sondern bereits zu schnell war. Sanftes und sehr vorsichtiges Abfangen und anschliessend ein kontinuierlicher Sinkflug mit eingefrorenem Fahrtmesser, nur nach Steuerdruck und Fahrtgeräusch, verhalfen anschliessend zu einer sicheren Landung auf meinem Flugplatz... :shock:
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Tragflächenvereisung (Symbolbild)
Tragflächenvereisung (Symbolbild)
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