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Bioarchipel Flugplatz

Verfasst: 07.05.2020 23:09
von swisseagle
Es wird so viel und oft über die Luftfahrt als exponierte Abgassünderin, Lärmproduzentin etc. palavert, dass viele sie am besten ganz verbieten möchten. Alle anderen Umweltfrevler bleiben dabei vielfach ungenannt und ungeschoren in voller Deckung ihrer hemmungslosen Wachstums- und Konsumgesellschaft.
Die Kritik mag wohl für so manchen Grossflughafen zutreffend sein, auf dem im Minutentakt lärmende und stinkende Grossraumjets die Luft verpesten und die Ohren in weitem Umkreis strapazieren.
Es gibt jedoch neben diesen grossen Airports tausende Flugplätze, die unbekannt und unbenannt wahre Inseln geschützter Natur sind, von denen jedoch kaum jemand Kenntnis nimmt. Besonders Flugplätze und Fluggelände der allgemeinen Luftfahrt, die meist abseits in der Natur gelegen sind, verdienen nicht zu Unrecht die Bezeichnung "Bioarchipel". Auf diesen Plätzen und Geländen wird das Erdreich nicht mit Dünger übersättigt, der dann in das Grundwasser einsickert und unser Trinkwasser verseucht. Auch Pestizide, die zu immer mehr Ernteerträgen führen sollen, sind dort tabu. Daher trifft man immer wieder Pflanzen und Kleingetier an, welche auf den grossflächig genutzten landwirtschaftlichen Flächen selten oder ganz ausgemerzt worden sind.
Die Weite und die naturnahe Atmosphäre, speziell auf Sportflugplätzen und Segelfluggeländen, sind immer wieder ein besonderes Erlebnis. Wenn ich nach der Landung auf dem Abstellplatz die Cockpithaube öffne und in die umgebende Stille Kuhglockengeläut oder Vogelgezwitscher ertönt, erzeugt das ein beglückendes Gefühl.
Als ich in den Sechziger- bis Anfang der Siebzigerjahre als Segelflieger auf dem (noch nicht) stark frequentierten Flughafen Köln-Bonn dem motorlosen Flugsport nachging, war selbst dort das Naturerlebnis noch sehr stark. In der Heidelandschaft tummelten sich Kiebitze und Lerchen zwitscherten im Blau über uns. Hoch am Himmel kreisten Bussarde im Aufwind, die uns jeweils verrieten, wo das Variometer "Steigen" anzeigen würde. Immer wieder kurvten wir mit den gefiederten Kollegen in der Thermik, oft nur wenige Meter voneinander entfernt. Die Vögel schienen uns als Kollegen zu betrachten und zeigten meist keinerlei Scheu. Aus dem Cockpit konnte man sehen, wie sie ihre Köpfe zu uns drehten und mit ihren Schwanzfedern steuerten. Manchmal flogen sie plötzlich in geringem Abstand vor uns. Kurz bevor wir sie überholten, wurden sie von der Strömung über die Tragfläche gehoben und tauchten nach unten weg.
Vielleicht bringt uns die unselige Corona Krise wieder etwas mehr Beschaulichkeit und Umweltschonung auch in der Luftfahrt zurück. Immer weiter, grösser, schneller und billiger, was echte Qualität in der Vergangenheit mehr und mehr verdrängt hat, kann es für eine lebenswerte Zukunft ja nicht sein. Das richtige Mass ist das Mass aller Dinge.