Jahreswechsel - einmal anders als sonst......

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swisseagle
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Jahreswechsel - einmal anders als sonst......

Beitrag von swisseagle »

31. Dezember - Silvester. Das grosse Gläserklingen, die Knallerei mit Feuerwerkskörpern sowie diverse weitere Festivitäten für die Feier- und Vergnügungswilligen, sie entfallen in den nächsten Tagen. Corona ist der Bremsklotz, der uns in diesem Jahr vor die Füsse geworfen wird.
Mich hatte der Jahreswechsel nie dazu animiert, diesen mit einem Trinkgelage, vielfältiger und lautstarker Kommunikation nebst einer Präsenz bis in die Morgenstunden zu begehen. Vor Jahren hatte ich da eine ganz andere Idee:
Der Wetterbericht hatte einen kalten aber klaren 1. Januar angekündigt. Warum also diesen Beginn des neuen Jahres nicht mit einem Flug in die Berge beginnen? Gedacht - getan. Am Abend des 31. Dezember also Alkoholfreies statt Schaumwein, früh ins Bett und am Morgen des 1. Januar ebenso früh aus dem Bett.
Die Fahrt zum Flugplatz glich einem Trip durch eine menschenleere Pampa. Kein Mensch unterwegs, nahezu kein Fahrzeug auf den Strassen. Ganze Heerscharen hatten am Vorabend vermutlich über den Durst getrunken und lagen jetzt mit brummenden Köpfen angezählt in den Federn. In einer Art Hochstimmung näherte ich mich unserem Flugplatz und freute mich darüber, wie gut es mir an diesem Morgen ging. Auf dem praktisch leeren Parkplatz stellte ich mein Fahrzeug ab und marschierte zum C-Büro.
Die Dame vom AIS freute sich offensichtlich, an diesem einsamen Morgen wenigstens einen Menschen zu sehen, übergab mir die Flugzeugpapiere und die Schlüssel für den Hangar und unseren Motorsegler Scheibe SF 25 C "Falke".
Das Vorfeld war schnee- und eisfrei, die Luft aber lausig kalt, während die Sonne schon ein Stück über dem Horizont am stahlblauen Himmel stand. Knarrend schob ich die Tore des Hangars zur Seite und zog den "Falken" ins Freie. Etwas unbeweglich mit meiner dicken Winterkleidung checkte ich den Flieger und nahm erfreut zur Kenntnis, dass der Tank noch zu ca. 75% gefüllt war. So konnte ich mich startbereit machen, ohne vorher noch zur Tanksäule rollen zu müssen.
Anschnallen, Checkliste abarbeiten, Choke ziehen - und schon sprang der robuste Limbach-Boxermotor trotz der Kälte nach kurzem "Orgeln" an. Das Warmlaufen mit geschlossener Kühlluftklappe erforderte einige Geduld, bis die Oeltemperatur in den grünen Bereich wanderte. Radio-Check - die freundliche Dame im C-Büro wünschte mir einen schönen Flug und ich ihr nochmals ein gutes neues Jahr.
Unser Flugplatz wirkte wie ausgestorben, als ich langsam zum Start rollte. Kurzer Stopp am Startbahnkopf, letzte Checks, Meldung der Startbereitschaft und dann Gashebel bis zum Anschlag nach vorne. In der kalten Luft war die Rollstrecke bis zum Abheben extrem kurz - ganz anders als in den heissen Sommermonaten. Fahrt aufholen und dann Steigflug Richtung Süden.
Die Landschaft unter mir wirkte wie erstarrt. Die Heizung blies Motorwärme ins Cockpit - allmählich wurde es richtig gemütlich. Ich stieg kontinuierlich in Richtung schneebedeckte Alpenkette - ein fantastischer Anblick. Zwischen der Rigi, dem Hausberg der Stadt Luzern und dem östlich davon gelegenen Rossberg flog ich über den eisig wirkenden Vierwaldstätter-See auf die beiden Bergspitzen der Mythen im Kanton Schwyz zu. Ein Märchen hätte die Eindrücke nicht besser beschreiben können. Die Tannenwälder an den Bergflanken wirkten vom Frost wie mit Puderzucker bedeckt. Die Wintersonne tauchte alles in ein fantastisches Licht. Die Landschaft unter mir strahlte eine Ruhe aus, die fast von einer anderen Welt schien. Mein "Falke" lag in der völlig ruhigen Winterluft, als bewege er sich auf Schienen. Fast hatte ich Mitleid mit den Erdlingen, die jetzt vielleicht mit immer noch dicken Köpfen allmählich aus ihren Betten krochen. Was ist doch Fliegen schön - speziell an einem Neujahrsmorgen.
In einer weiten Schleife flog ich noch ein Stück in das schneebedeckte Muotatal ein, wendete und machte mich im Sinkflug über den still und starr wirkenden Aegerisee auf den Heimflug. Gegenanflug über dem immer noch wie ausgestorben wirkenden Flugplatz, Queranflug und Endanflug - business as usual. Mit einem echten Glücksgefühl rollte ich zu meinem Abstellplatz, packte meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg zum wärmenden Neujahrskaffee.


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