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Luftverkehr - wie weiter?

Verfasst: 29.04.2020 12:20
von swisseagle
Nach Jahren der Expansion steht alles still - weil Corona es so will (könnte man es fast poetisch ausdrücken). Auf den Flughäfen, wo ehemals Starts- und Landungen im Minutentakt erfolgten, herrscht Ruhe. Eine fast unheimliche Stille. Die Ankunfts- und Abflughallen geisterhaft leer, Abfertigungsschalter geschlossen, Geschäfte und Restaurants dicht. Eine Szenerie, die man seit Jahrzehnten nicht erlebt hatte.
Auf den Abstellplätzen reiht sich Jet an Jet, gegroundet - auf unbestimmte Zeit flügellahm. Nun folgt auf die weltweit überdrehte Wachstumsstrategie die Retourkutsche: Statt Geld in die Kassen der Airlines zu spülen, kosten die stillgelegten Flugzeuge und die deaktivierte Infrastruktur Tag für Tag Unsummen. Schon wird der Ruf nach Staatshilfen - im Klartext nach dem Steuerzahler - laut, der den Managern unter die Arme greifen soll.
Diese Manager hatten viele Jahre jegliches Mass vermissen lassen. Statt mit überschaubarem Wachstum ihrer Gesellschaften wurde mit krankhaftem Grössenwahn expandiert und geklotzt. Zu Dumpingpreisen, die man zweimal betrachten musste, um sie glauben zu können. Für einen Apfel und ein Ei um die halbe Welt zu fliegen, lockte ein Publikum in die Flieger, das das Niveau von Flugreisen auf ein früher nie gekanntes Niveau sinken liess. Nur zum Shopping tageweise an Destinationen, die früher bereits für eine längere Ferienreise exklusiv waren.
Diese catch-as-catch Mentalität hatte Folgen, die der Fluggast immer schmerzlicher zu spüren bekam. Ueberfüllte Flieger, zunehmend engere Sitzplätze, miese Bordverpflegung, pöbelnde Passagiere, Verspätungen und oft lausiger Service. Nicht zu vergessen ist das in besseren Zeiten geschätzte und entsprechend dotierte Airlinepersonal, das heute oft zu Bedingungen arbeitet, zu denen so mancher Tramfahrer nicht zum Dienst antreten würde.
Bereits zu Zeiten, in denen die Lebensverhältnisse noch wesentlich bescheidener als heute waren, flog ich jedes Jahr rund ums Mittelmeer in die Ferien. Und ich konnte mich stets auf eine solche Reise freuen. Sehr angenehme Flüge, meist in modernen, gepflegten Maschinen guter Bedarfsfluggesellschaften mit aufmerksamem Service sowie stets korrekten Fluggästen an Bord. Damals musste man für Flugreisen noch tiefer in die Tasche greifen als heute - aber sie waren durchaus erschwinglich, auch für Normalverdiener.

Wie geht es nun im Zeichen von Corona weiter. Auch wenn das Ende der Pandemie (vielleicht) naht, werden viele Airlines gewaltig Federn lassen müssen. Man wird sich zweimal überlegen müssen, ob man das Risiko in vielen fliegenden Sardinenbüchsen eingehen möchte oder nicht. Oder ob man sich in fremde Länder begibt, sich dem Risiko einer Erkrankung aussetzt oder eventuell dort bei einem Wiederaufleben der Seuche bei grenzwertiger medizinischer Versorgung hängen bleibt.
Die Vorzeichen für die weitere Entwicklung sehen auf längere Zeit düster aus. Auch wenn die Pandemie erfolgreich bekämpft werden kann, wird es wahrscheinlich noch lange dauern. bis an den Flughäfen wieder das emsige Treiben der Vergangenheit herrscht.