Segelflug - fast historische Erinnerungen

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Moderator: aerotimmi

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swisseagle
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Segelflug - fast historische Erinnerungen

Beitrag von swisseagle »

An der Wand des Treppenaufganges zum Obergeschoss unseres Wohndomiziles hängt seit Jahren eingerahmt die Urkunde zu meinem silbernen Segelflug-Leistungsabzeichen. Sehr lange Zeit nur sporadisch beachtet, hatte ich mir kürzlich wieder einmal die damals geflogenen Bedingungen angesehen: Ein Dauerflug von mindestens 5 Stunden (tatsächlich geflogen 5h 10 min), ein Streckenflug von mindestens 50 Kilometern (geflogen 76 km vom Flughafen Köln-Bonn bis an die holländische Grenze) und eine Startüberhöhung von mindestens 1000 m (erreicht 1'370 m) über der Ausklinkhöhe des Winden-Schleppseiles. Alle Flüge hatte ich in unserer clubeigenen Ka 8b mit plombiertem Barografen für die Auswertung und Beurkundung durchgeführt.
Am 21. August 1966 herrschte prächtiges Segelflugwetter. Kleine und mittelgrosse Cumuluswolken trieben in lockerer Formation über den blauen Himmel, als ich auf dem Flughafen Köln-Bonn an der Schleppwinde auf etwa 500 m über Grund startete. Nach dem Ausklinken fand ich fast sofort einen "Bart" (Aufwindschlauch), in dem ich mit bis zu 3 m/sec. beständig weiter stieg. Nach dem Erreichen von ca. 1'500 m Höhe nahm ich zuerst in ständigem Funkkontakt mit Köln-Bonn-Tower Kurs auf Köln und kreiste längere Zeit über der Innenstadt und einigen Aussenbezirken. Anschliessend flog ich rheinaufwärts, von Wolke zu Wolke in der immer noch kräftigen Thermik kreisend.
Meine Aufgabe war ein mindestens fünfstündiger Dauerflug, eine der Bedingungen für das silberne Leistungsabzeichen.
Die Stunden vergingen und die Thermik wurde gegen den späteren Nachmittag schwächer. Trotzdem konnte ich meine Höhe gut halten. Nach mehr als vier Stunden wurde es thermisch allmählich immer enger. Wieder und wieder musste ich mich mit kleinerem Steigen von 0.5 m/sec. bis 1 m/sec. nach oben hangeln, bis der "Ofen" dann endgültig aus war. Nach 4 1/2 h sah ich mich bereits kurz vor der Aussenlandung. Bitter - wenn man so lange mit bereits schmerzendem Hinterteil ausgeharrt hatte. Da bemerkte ich plötzlich ein grosses Industrieareal direkt am Rhein, die Oelraffinerie Wesseling.
Instinktiv flog ich darauf zu und siehe da: Mein Variometer zeigte wieder 1m/sec Steigen an. Sofort kurvte ich ein und konnte wieder einige hundert Meter Höhe gewinnen. Der Industrieaufwind stank zwar penetrant, aber nur so konnte ich meine restliche Zeit abarbeiten. Sobald ich von der Raffinerie wegflog, hatte ich nur noch beständiges Sinken. Also blieb ich wo ich war und machte mich nach vollendetem fünfstündigem Flug auf den Rückweg zum Flughafen Köln-Bonn. Dieser war aber durch die eingeschlafene Thermik nicht mehr erreichbar. Nahe dem Ort Uckendorf - zwischen Wesseling und dem Flughafen gelegen - entdeckte ich eine grosse Wiese mit Zufahrtstrasse und eine nahe Gaststätte (Toilette, Telefon und Rücktransport). Nach 5 h 10 min. setzte ich mit meiner Ka 8 b sanft auf und hatte damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Den Dauerflug von mindestens fünf Stunden und eine Startüberhöhung nach dem Ausklinken von 1'370 m. Ein wunderschöner Tag wie heute - konnte ich damals mit Fug und Recht behaupten..... :)
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Ka 8 b - Symbolbild
Ka 8 b - Symbolbild


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