Nachtflugromantik - lange her.....

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swisseagle
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Nachtflugromantik - lange her.....

Beitrag von swisseagle »

Die heutige Luftfahrt hat mit Romantik nur noch sehr wenig gemeinsam. Gewusel an den Check-Ins der Flughäfen, volle Flugzeugkabinen, zurück gefahrener Service an Bord - und zum Teil ein Publikum in den Fliegern, das mit dem Schnellzug durch die Kinderstube gefahren scheint. Das war früher - ist schon lange
her - noch ein gutes Stück komfortabler und relaxter:
Ich erinnere mich an meinen ersten Südafrikaflug mit meiner Gattin an Weihnachten 1971 - es war sogar der heilige Abend - in einer Boeing 707 von South African Airways. Aus dem tristen Winterwetter von Zürich in den südafrikanischen Sommer nach Johannesburg. Nach dem Start am Abend wurde nach Erreichen der Reiseflughöhe ein feines Abendessen serviert. Anschliessend konnte man noch geraume Zeit bei Kaffee oder Tee verweilen und sich auf den langen Nachtflug einstimmen. Unsere Boeing war nur zu etwa zwei Dritteln besetzt. Da Schlafen im Sitzen nicht des Komforts letzter Schrei ist und neben sowie hinter uns eine
komplette dreiteilige Sitzreihe unbenutzt war, nutzen wir diese Gelegenheit. Ich legte mich - Kopf auf einige Kissen am Fenster und die Beine angenehm
gestreckt gegen den Gang hin - zur Ruhe. Bald wurde das Licht in der Kabine gedimmt und die übrigen Passagiere verstummten nach und nach. Ich zog meine Wolldecke nach oben und blickte in den nächtlichen Sternenhimmel. Aus meinem Fenster konnte man von hinten auf die linke Tragfläche blicken, die in
rund 10'000 m Höhe wie von Reif bedeckt schien. Das rote Antikollisions-Licht huschte in regelmässigen Abständen wie der Schein eines Leuchtturms über die
Tragfläche. Das gleichmässig monotone Geräusch der vier Triebwerke wirkte beruhigend einschläfernd. So lag ich da und begann mir einige Gedanken über die
rasante Entwicklung der Luftfahrt zu machen: Welche Strapazen und Gefahren hatten die Pioniere der kommerziellen Fliegerei auf sich genommen, bis jener
Standard erreicht war, den ich auf diesem Jet-Flug erleben durfte. Viele dieser Pioniere kamen seinerzeit in ihren technisch noch unzulänglichen Fluggeräten
um oder blieben auf See, in lebensfeindlichen Wüstengebieten sowie unzugänglichen Urwäldern oder Bergregionen verschollen. Wie ignorant und
degeneriert muss ein Teil der Flugreisenden heute sein, dass diese sich oft über wetterbedingte Verspätungen oder aus anderen entschuldbaren Gründen zu
Pöbeleien und Beschimpfungen der Flugzeugbesatzungen oder gar zu Handgreiflichkeiten hinreissen lassen.
Ich genoss die ungewöhnliche Atmosphäre dieses Fluges in vollen Zügen. Das Flugzeug schien unter dem nächtlichen Sternenhimmel still zu stehen. Wäre nicht
das Geräusch der Turbinen gewesen, hätte man sich diesen Eindruck tatsächlich vergegenwärtigen können. So schlief ich schliesslich völlig entspannt ein und wurde nach Stunden durch die Ankündigung der Crew geweckt, dass wir im Anflug auf die Ilha do Sal auf den Kapverden zum Auftanken seien. Durch die
seinerzeitige südafrikanische Rassentrennung durfte South African Airways nicht über den afrikanischen Kontinent fliegen und musste Afrika über weite
Strecken vor der Westküste umrunden.
Ilha do Sal empfing uns in einem kleinen Flughafengebäude, das eher einem Feldflugplatz glich. Die hohe Lufttemperatur- und Feuchtigkeit machte den
Zwischenhalt auf dem Vorfeld ziemlich unangenehm. Nach rund einer Stunde wurden wir jedoch wieder an Bord gebeten und mit vollen Tanks starteten
wir in Richtung unseres Reisezieles - Johannesburg.
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