Berufspilot - heute ja oder nein?

Rund um das Thema Pilotenjob´s bei Airliner

Moderator: aerotimmi

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swisseagle
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Berufspilot - heute ja oder nein?

Beitrag von swisseagle »

Wenn ich auf meine bisherige fliegerische Betätigung zurückblicke, könnte ich eigentlich satt geflogen sein. Bin ich aber immer noch nicht. 1961 hatte ich mit der Segelflugausbildung begonnen und fliege heute, 2018, immer noch Reisemotorsegler. Alpenflüge, Ausflüge zu anderen Plätzen, ab und zu Rundflüge mit Fluggästen, oder nur ein Spassflug mit einigen Starts- und Landungen am eigenen Platz.

Als Jugendlicher war es noch ein Traum, sich eine fliegerische Tätigkeit im Cockpit eines Verkehrsflugzeuges vorzustellen. Mit einer DC 6 oder DC 7, einer Super-Constellation, einer Viscount oder Bristol-Britannia in ferne Länder zu fliegen, als Kapitän fürstlich entlohnt und mit vielen weiteren Privilegien bedacht einen exklusiven Job auszufüllen, ja, das wär's gewesen. Auch in den Anfangsjahren der grossen Jets hatten Berufspiloten noch einen ganz anderen Stellenwert als heute im Zeichen des Massenflugbetriebes. Ebenfalls gute bis sehr gute Honorierung, lange Aufenthalte zwischen Hin- und Rückflug im Langstreckenverkehr in den besten Hotels an exotischen Stränden, grosszügige Ruhestandsregelungen etc. etc.

Das ist heute weitgehend vorbei. Wenn man sich die aktuellen Gegebenheiten bei diversen grossen und kleineren Airlines betrachtet, muss man sich wundern, dass sich überhaupt noch jemand bereit findet, diese Flieger von A nach B zu steuern.
Schlechte Bezahlung, hohe Arbeitsbelastung bei knappen Ruhezeiten, unsichere Jobgarantien, unkultivierte Passagiere und so manche Widrigkeit mehr. Kein Wunder, hört man neuerdings immer wieder von zunehmendem Mangel an Berufspiloten, die lieber anderweitig ihre Brötchen verdienen, als in einem Airliner auf dem linken oder rechten Sitz zu agieren.

Es gibt viele andere und vielleicht attraktivere Möglichkeiten, sich den Traum vom Fliegen zu erfüllen: Ein gut dotierter Job oder eine entsprechende selbständige Tätigkeit mit dem Erwerb einer selbst finanzierten Fluglizenz. Fliegen, wann immer es Spass macht, als Kunde eines Vercharterers, im eigenen Flieger oder als Mitglied einer Vereins-Fluggruppe.

Wenn ich mir die Arbeitsbedingungen vieler Berufspiloten in neuerer Zeit ansehe, bin ich froh, kein solcher geworden zu sein. Ich selbst habe es schon lange satt, unter den heutigen Voraussetzungen Flugreisen zu unternehmen, wofür ich mich früher immer begeistern konnte. Wenn diese Abneigung nicht immer grössere Kreise ziehen soll, wären viele Airlines gut beraten, die Bedingungen für ihr fliegendes Personal wieder massiv zu verbessern und die frühere Attraktivität des Flugreisens nebst dem entsprechenden Komfort wieder zu beleben. Das "Schnäppchenfliegen" müsste dazu allerdings auf der Strecke bleiben.


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swisseagle
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Re: Berufspilot - heute ja oder nein?

Beitrag von swisseagle »

Die Coronapandemie hat meinem pessimistischen Bild einer Berufspilotenlaufbahn schon fast eine visionäre Sicht vermittelt. Da übertrafen sich die Airline-Manager gegenseitig, mit ihren Luftflotten zu expandieren und dem Ziel, das Wachstum fast bis ins Unerträgliche zu steigern. Viele Flughäfen stiessen bereits an ihre Kapazitätsgrenzen, was zu immer neuen Bau- und Ausbaubedürfnissen führte. Verkehrspiloten wurden bereits wieder zum knappem Personal der Airlines und konnten bessere Arbeitsbedingungen und anständig dotierte Jobs erwarten.
Dann machte Corona allen optimistischen Plänen den Garaus. Passagierzahlen brachen dramatisch ein, die Jets wurden im wahrsten Sinne des Wortes in die Wüste geschickt, oft auf abgelegene Abstellplätze ferner Destinationen. Wie lange sie dort flügellahm dahingammeln, ist nicht absehbar.
Viele gut ausgebildete Kapitäne und Co's können nicht mehr beschäftigt werden und müssen mit der Entlassung rechnen. Wehe jenen, die sich auf kein zweites berufliches Standbein stützen können, das ihnen nach dem Abgang wenigstens ein alternatives Einkommen sichert. Wenn ich erfahre, dass es Airlinepiloten geben soll, die notgedrungen in Supermärkten leere Regale auffüllen müssen, um in dieser Krise einigermassen über die Runden zu kommen, ist das eine Schande und ein Exzess unseres neoliberalen Systems, in dem sogenannte Manager in ihrer Geltungssucht und Profitgier Unternehmen um Unternehmen gegen die Wand fahren und dafür noch mit "goldenen Fallschirmen" honoriert werden.
Auch viele Flugschüler und Anwärter auf eine Berufspilotenlaufbahn trifft die gegenwärtige Flaute in der Luftfahrt sehr hart. Manche haben sich hoch verschuldet, um die Finanzierung ihrer fliegerischen Ausbildung bewältigen zu können. Und was erwartet sie nach allen Mühen und Opfern? Der ersehnte Job im Cockpit wahrscheinlich nicht.
Dass es bei dem schon lange ausufernden Wachstumsfetischismus nebst rücksichtsloser Profitoptimierung über kurz oder lang zum grossen Crash kommen musste - mit oder ohne Corona - war abzusehen. Nicht Qualität und Nachhaltigkeit waren gefragt, sondern der Massenflugbetrieb zu Tarifen, die zu IATA-Zeiten undenkbar waren und zu Lasten des ausgesogenen Airlinepersonales sowie der früher selbstverständlichen und geschätzten Qualität gehen.
Es ist höchste Zeit, dass ein generelles Umdenken und ein Hinterfragen unseres ständig krasseren Ausbeutersystems
erfolgt, um die Auswüchse unseres kranken Finanz- und Wirtschaftssystems endlich wirksam zurückzubinden.


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aerotimmi
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Re: Berufspilot - heute ja oder nein?

Beitrag von aerotimmi »

Sehr interessant


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aerotimmi
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Re: Berufspilot - heute ja oder nein?

Beitrag von aerotimmi »

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