1963 - mein erster Linienflug

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swisseagle
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1963 - mein erster Linienflug

Beitrag von swisseagle »

1963 hatte ich meine erste Flugreise an eine mehrere Flugstunden entfernte Badedestination gebucht. Da dieser Flug in Frankfurt begann, musste ich einen Zubringer ab Köln finden. Statt mit der Bahn nach Frankfurt zu reisen, wollte ich unbedingt fliegen - erstmals mit einem Linienflugzeug.
So erwarb ich ein Flugticket bei Lufthansa und begab mich erwartungsvoll zum Flughafen Köln-Bonn. Dieser erinnerte damals mit seinem alten und bescheidenen Abfertigungsgebäude eher an einen Flugplatz irgendwo in der Pampa, war jedoch sehr übersichtlich und strahlte eine heute längst historische Gemütlichkeit aus.
Nach dem Einschecken wurde ich mit einigen weiteren Fluggästen von einer Groundhostess über das Vorfeld zu unserer zweimotorigen Convair 440 "Metropolitan" der Lufthansa geführt. Oben an der Fluggasttreppe Begrüssung durch die Besatzung und Platzzuweisung in der Kabine. Eine Besonderheit waren teils gegenüber installierte Sitzreihen, wie in der guten alten Eisenbahn. Ich nahm Platz und schnallte mich an - mir gegenüber sass ein Geschäftsmann, der mit Fliegen offenbar nicht viel am Hut hatte. Er machte einen etwas nervösen Eindruck und zog noch vor dem Start eine Jalousie vor seinem Fenster herunter. Dann blätterte er ziemlich unkonzentriert in seinen Geschäftspapieren. Luken dicht - und rumpelnd, blauen Rauch ausstossend, erwachte einer der beiden Sternmotoren zum Leben. Nachdem dieser nach kurzer Zeit rund lief, das gleiche Schauspiel mit dem zweiten Motor. Nach kurzem Warmlaufen rollte unsere Metropolitan an das Ende des südlichen Startbahnkopfes, linierte auf und brummte mit Startleistung die Piste entlang. Nach dem Rotieren zog die Convair rasant nach oben und drehte dann in einer weiten Rechtskurve auf südöstlichen Kurs Richtung Frankfurt. Während mein Gegenüber seine Papiere in der Aktentasche verstaut hatte und still vor sich hin meditierte, genoss ich den Flug in relativ geringer Höhe mit weitem Blick über die Landschaft. Als seinerzeit noch flugreisendes Greenhorn fragte ich nach einiger Zeit eine unserer Flugbegleiterinnen, ob ich meinen Füllfederhalter aus der Jacke nehmen müsse, damit dieser wegen des Druckunterschiedes nicht auslaufe. Diese verneinte das mit einem milde nachsichtigen Lächeln.
Landeanflug auf Frankfurt: Unser Kolbenschüttler sank langsam dem Grossflughafen entgegen. Ich hielt den Kopf an mein Fenster gedrückt, um keine Phase der Landung und des Aufsetzens zu verpassen. Ausschweben - und schon rummste das Fahrwerk auf den Beton. Mein Kopf stiess ziemlich heftig gegen das Kabinenfenster, was zwar keine Beule hinterliess, aber
ein nachhaltiges Brummen zur Folge hatte. Der Herr mir gegenüber wirkte nach dem Ausrollen sichtlich entspannt und packte erleichtert seine Utensilien zusammen.
Mein erster Linienflug war ein Erlebnis, das trotz vieler folgender Flugreisen in fast alle Welt nach Jahrzehnten immer noch so präsent geblieben ist, als hätte er gestern stattgefunden. :)
Convair Metropolitan.jpg


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